Regionaler Austausch in der „Quattropole Ophthalmologie“

Regionaler Austausch in der „Quattropole Ophthalmologie“

Ein neuer Verbund lud zum wissenschaftlichen Austausch nach Trier.

Mit der so genannten „Quattropole“ haben vier grenznahe Städte (Luxemburg, Metz, Saarbrücken, Trier) eine Initiative zur kulturellen Kooperation ins Leben gerufen. In wissenschaftlicher Anlehnung an die Idee dieses kulturellen Netzwerkes gründeten drei Augenkliniken für vier Regionen die „Quattropole Ophthalmologie“. Zum ersten klinischen Gespräch der Quattropole kamen in Trier über 50 interessierte Augenärzte zusammen. Über vier Stunden hinweg waren sie alle nicht nur Geburtshelfer des neuen Zusammenschlusses, sondern wurden Zeugen eines wissenschaftlichen Streifzuges querdurch die Augenheilkunde. Ein Beitrag von Dr. Walter Pfeifer.

Zunächst: Was verbirgt sich hinter der „Quattropole“? Noch ein augenärztlicher Verbund?

Quattropole ist eine Initiative der grenznahen Städte von Lothringen, Luxemburg, Rheinland-Pfalz und Saarland zur kulturellen Kooperation. So kamen die Teilnehmer aus diesen vier benachbarten Regionen.

Prof. Dr. Martin Wenzel, Ärztlicher Leiter der Augenklinik Petrisberg, gemeinsam mit Prof. Dr. Berthold Seitz, Direktor der Universitäts-Augenklinik Homburg, sowie Dr. Uwe Press, Chefarzt der Augenabteilung im Bruderkrankenhaus Trier, einer der Grundervater der Quattropole Ophthalmologie, erläuterten anlässlich der ersten klinischen Gespräch den Hintergrund:

„In meiner Aachener Zeit war ich immer gerne Gast bei den Tagungen der Rheinisch-Westfälischen Augenärzte. Diese regionalen Treffen waren geprägt durch das kollegiale Gespräch unter Partnern. Man spürte, dass der Nachbar nicht der Konkurrent, sondern der befreundete Mitkämpfer war, dessen Spektrum sich oft zum eigenen gut ergänzte. Hier in der Region Mosel-Saar-Eifel-Luxemburg fehlt uns so etwas. Wir gehören weder zum Rheinisch-Westfälischen noch zum Rhein-Mainischen Gebiet. Durch die Kooperation der drei Augenkliniken Universitäts-Augenklinik Homburg, Augenabteilung im Bruderkrankenhaus, Augenklinik Petrisberg sowie den anderen Augenärztezentren im Rahmen des BVA in Trier können wir den Grundstein für eine solche Initiative legen.“

Presbyopie-Management

Zum Auftakt des von den Initiatoren Press. Seitz und Wenzel zusammengestellten Programms, referierte Dr. Martin Bechmann von deren Augenlaserkliniken Luxemburg und Trier über das operative Presbyopie-Management, ein Thema, das allein durch die Veränderung der Alterspyramide an Relevanz gewinnt.

Er stellte die verschiedenen hornhautchirurgischen und intraokularen Möglichkeiten vor. Schon bei der Routine-LASIK junger Menschen muss die korneale Asphärizität („Q“) berücksichtigt werden, um den Menschen mit beginnender Presbyopie bei vollem Visus auch noch eine möglichst große Tiefenscharfe zu erhalten.

Die primäre Implantation multifokaler Linsen haben die Trierer refraktiven Chirurgen in ihren Kliniken wieder weitgehend verlassen und bevorzugen die Monovisions-Operation. Damit sei ein ebenso hoher Grad an Zufriedenheit zu erreichen wie mit anderen Verfahren, doch ist die Monovisions-Operation das einzige operative Verfahren, dessen Nachteile durch eine Brillenanpassung komplett auszugleichen sind: auch eine operative Revision sei bedeutend komplikationsarmer als bei anderen Methoden.

Normosensorisches Spätschielen

Anschließend sprach Dr. Franz-Josef Franzen vom Elisabeth-Krankenhaus in Trier über das normosensorische Spätschielen als strabologischer Notfall. Etwa drei Prozent aller Kindergarten- oder Schulkinder mit einem Strabismus convergens sind normosensorische Spätschieler. Bei einem zu späten Erkennen und Therapieren droht der lebenslange Verlust des Binokularsehens oder eine presistierende Diplopie. Die Prognose ist gut, wenn eine operative Behandlung innerhalb der ersten sechs Wochen nach Schielbeginn erfolgt.

Lid- und Orbitachirurgie

Dr. Uwe Press stellte in seinem ersten Referat die Problematik des alternden Lids vor und fühlte aus, welche operationstechnischen, aber leider auch administrativen Probleme zu lösen sind, um schwerwiegende Schädigungen durch degenerative Vorgänge im Lidbereich zu verhindern.
In seinem zweiten Beitrag brach Press eine Lanze für die frühe chirurgische Versorgung von Hämangiomen im Säuglingsalter. Pro und contra nebeneinander stellend untermauerte er seine Praxis des frühen chirurgischen Eingriffs unter anderem an eindrucksvollem Bildmaterial.

Nachsorge bei Hornhauttransplantationen

„Nachsorge bei Hornhauttransplantationen“ war das Thema des Referates von Prof. Dr. Berthold Seitz, dem Ordinarius der Universität des Saarlandes in Homburg. Er erläuterte eindrücklich, auf welch hohem Qualitätsniveau in Homburg die Grundlagen einer optimierten Nachbehandlung bereits präoperativ durch intensive Patientengespräche und Spezialuntersuchungen gelegt werden. Zur Präparation von Empfänger- und Spenderhornhaut kann er routinemäßig die Präparation mit dem Excimerlaser anbieten mit den Vorteilen der besseren Schnittränder und der Markierungszähnchen, durch die die präzise Vernähung der Spenderhornhaut zur Astigmatismusreduktion ermöglicht wird. Bei den Nachuntersuchungen erwähnte er die Notwendigkeit, den Patienten wiederholt und eindrücklich gegenüber den Frühsymptomen einer Abstoßungsreaktion oder einer Oberflächenschädigung der anfangs noch asensiblen Hornhaut zu sensibilisieren. Der Nachbehandler müsse darüber hinaus das Problem der konsequenten und aggressiven Behandlung eines Glaukoms im Auge behalten.

Erwünschte Entzündungen?

Prof. Dr. Martin Wenzel stellte die provozierende Frage, ob es erwünschte Entzündungen nach der Katarakt Operation gibt und gab als überraschende Antwort, dass es kaum unerwünschte Entzündungsvorgänge gibt. Der teilweise gebrauchte Begriff „Zusammenbruch der Blut-Kammerwasser-Schranke“ sei eine malilose Übertreibung eines physiologischen Vorgangs: Entzündungen sind notwendig zur Vernarbung des Schnittbereiches oder tolerabel bei der Desinfektionsmittel-Keratopathie (DKP), über die Patienten oft nur am Abend nach der Operation klagen.

Wenn ein Operateur aus Sorge vor der DKP die Desinfektionsmittel verdünnt, so führt dies meist nicht zu einer Endophthalmitis: Physiologische Entzündungsvorgänge verhindern oft die Vermehrung intraokular eingedrungener Erreger. Das Auftreten von Zellen auf der Kunstlinse kann spiegelmikroskopisch kontrolliert werden und ist harmlos, wenn diese Zellen nicht direkt über Synechien von der Iris auf die IOL vorwachsen. Schädliche „Entzündungen“ nach der Kataraktoperation sind Fremdkörperreaktionen nach hinteren Synechien, die meist erst einige Monate nach der Operation auftreten und zu einer irreversiblen Schädigung der Makula führen können. In zwei weiteren Referaten besprachen die Homburger Oberärzte Priv.-Doz. Dr. Christian Jonescu-Cuypers und Dr. Stephan Hoffmann mit Dr. Hans-Sebastian Walter die Nachsorge bei filtrierenden Glaukom-Operationen und die konservative und chirurgische Therapie der Makuladegeneration.

Qualitätsmanagement

Zum Abschluss bot Dr. Walter Pfeifer von der Augenklinik Petrisberg einen Blick auf die Möglichkeiten des Qualitätsmanagements. Auch wenn längst die für alle Arztpraxen vorgeschriebene Umsetzungsphase läuft, haben sich viele Arztpraxen noch nicht mit dem Thema befasst. Pfeifer berichtete von seinen positiven Erfahrungen in vielen Einrichtungen und zeichnete das Bild vom modernen Management-Tool „Qualitätsmanagement“.

Das erste klinische Gespräch der Quattropole Ophthalmologie regte an, auch über die eigentliche Fortbildung hinaus noch den Austausch zu suchen. Im Anschluss nutzten viele die Möglichkeit, im angenehmen Ambiente auf dem Petrisberg die vorgestellten Projekte und Ideen zu diskutieren.

Und für die Initiatoren besteht kein Zweifel, dass es bald zweite klinische Gespräche geben soll.

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